Aufreger der Woche: Abverkauf von US-Staatsanleihen

Die Renditen von US-Staatsanleihen – nahezu egal mit welcher Laufzeit – kletterten diese Woche auf Rekordniveaus. Zur Erinnerung: Rechnen die Investoren mit steigenden Zinsen, dann fallen die Kurse der bereits im Markt befindlichen Anleihen, weil sie ja noch niedriger verzinst sind und daher abverkauft werden. US-Staatsanleihen sind teilweise so weit unter dem Kurs von 100 abgetaucht, dass die Renditen der 30-jährigen Staatsanleihen nach einem massiven Abverkauf erstmals seit Beginn der Finanzkrise 2007 wieder über fünf Prozent stiegen.

Steht uns wieder ein Crash an den Aktien- und Anleihenmärkten bevor? Liebe Crash-Propheten da draußen, ihr seid – ich muss es leider sagen – Hochstapler. Denn einen Crash kann man nicht voraussagen. Genauso wenig kann ich ihn mit Sicherheit ausschließen.

Übrigens: Auch die Renditen deutscher oder italienischer Staatsanleihen sind so hoch wie schon ein Jahrzehnt nicht mehr. Der Finanzmarkt ist eben doch ein globaler.

Also, was tun? Durchatmen und die Lage für sich beurteilen. Erstens: Warum ist es eigentlich dazu gekommen? Im Wesentlichen, weil in den USA die Daten doch robuster sind als erwartet und US-Notenbank-Chef Jerome Powell klar gemacht hat, dass es nicht notwendig sei, die Zinsen so schnell zu senken, um die Konjunktur anzukurbeln. Wie heißt es so schön: „The US Federal Reserve keep rates higher vor longer.“

2007 kam es hingegen zum Crash, weil es den Amerikanern nicht so gut ging, sie ihre Hypotheken nicht bedienen konnten, die clerveren Amerikaner die faulen Kredite in Fonds bündelten und nach Europa exportierten. Bevor mich ein Shit-Storm ereilt – das ist natürlich sehr vereinfacht.

Ich sage nicht, dass man jetzt seine Bonds verkaufen sollte, wenn man sie ohnehin bis Laufzeitende behalten möchte, und sie dann zu 100 zurückbezahlt werden. Aufpassen muss man nur etwas bei jenen US-Staatsanleihen, die rund um den November auslaufen. Das Investmenthaus Goldman Sachs hat zu dem Zeitpunkt schon einen Shut Down der US-Regierung eingepreist und das würde bedeuten, dass die auslaufenden Anleihen zu der Zeit womöglich nicht bedient werden könnten. Und auch wenn sie auszahlen, muss ich zu dem Zeitpunkt vielleicht Währungsverluste hinnehmen, weil der Dollar dann gerade unter Druck ist.

Es gibt jetzt bestimmt guteEinstiegsgelegenheiten, weshalb ich mir aber auch nicht mein Langfristportfolio mit Anleihen vollpacken würde. Da bin ich der Meinung von Baader Bank-Chefanalyst Robert Halver in der aktuellen Podcastfolge der GELDMEISTERIN, dass 60:40- Portfolios, also Fonds die zu 60 Prozent in Anleihen und zu 40 Prozent in Aktien investieren, nur eine Marketing-Erfindung sind.

Ich bin aber schon der Meinung, dass man sich jetzt umschauen kann und dabei immer seine langfristige Anlagestrategie im Kopf hat. Weshalb möchte ich Anleihen kaufen? Rechne ich mit einer tieferen Rezession und so mit größeren Kursrückschlägen an den Börsen. Dann kann ich mir schon jetzt günstig die eine oder andere Anleihe ins Portfolio auch mit Laufzeit von ein paar Jahren legen.

Und wofür Anleihen immer Sinn machen ist, wenn ich zu einem bestimmten Zeitpunkt Geld benötige, weil ich mir etwa in vier Jahren eine neue Heizung oder ein Auto leisten muss oder möchte. Dann weiß ich genau, was ich mit dem ausbezahlten Anleihen-Preis plus Zinsen zur Verfügung habe und bin zu dem Zeitpunkt unabhängig vom Börsengeschehen. Vorausgesetzt natürlich, ich investiere in Schuldverschreibungen von Schuldnern mit guter Bonität, die dann auch noch zahlungsfähig sind.

Ein schönes Wochenende wünscht Julia Kistner

Übrigens: Dies ist bereits die 640. -Börsenminute-Podcastfolge! Wenn Euch der Podcast gefallen hat, würde ich micht freuen, wenn Ihr ihn abonniert und mir damit hilft, dass noch mehr Börsen-FreundInnen auf ihn aufmerksam werden.

Rechtshinweis:
Dies ist die Meinunung der Autorin und keine Anlageempfehlung. Julia Kistner übernimmt hierfür keine Haftung.

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