Aufreger der Woche: Indien statt China

Da muss man sich schon die Augen reiben, wenn US-Präsident Joe Biden den indischen Präsidenten Narendra Modi zum Dinner einlädt. Zum einen, weil er in seiner Amtszeit bisher nur für den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und den südkoreanischen Staatschef aufkochte. Zum anderen, weil Narendra Modi vor noch nicht allzu langer Zeit in den USA so wie in Europa als persona non grata gesehen und ihm sogar die Einreise verwehrt wurde. Der einstige Teeverkäufer und Hindu Narendra Modri wird für das schreckliche Massaker 2002 an Muslimen im indischen Bundesstaat Gujarat verantwortlich gemacht.

Schwamm drüber, die Wirtschaft liebt den erfolgreichen Geschäftsmann eben. Apple hat seine iPhone-Produktione in Indien verdreifacht, um sich unabhängiger vom Produktionsstandort China zu machen, dem man politisch nicht traut. Davon abgesehen möchte die USA China natürlich nicht zur Weltmacht Nr 1 aufsteigen lassen.

Auch für die Europäische Union und ihre Unternehmen ist Indien ein strategisch wichtiger Partner, politisch im Bündnis gegen Russland, wie wirtschaftlich. Umgekehrt ist die EU für Indien drittwichtigster Handelspartner.

Die Wirtschaft betrachtet das aufstrebende Indien als das neue China. Obendrein ist Indien geographisch spannend. Laut UN-Prognosen wird Chinas Bevölkerung bis 2100 auf 770 Millionen Einwohner schrumpfen. Bis dahin soll es doppelt so viel Inder geben.

Also nichts wie in Indien investieren? Das hat schon in den letzten 22 Jahren nicht gut geklappt. Fragt mal Jim O´Neill, den ehemaligen Chefvolkswirt und Marketing-Genie von Goldman Sachs, der die Abkürzung BRIC für die vier investierbaren, stark wachsenden Schwellenstaaten ins Leben gerufen hat, von denen Indien enttäuschte. Dafür könnte es ja jetzt mit Geschäftsmann Modi einen Aufholprozess starten, den China in den letzten zwanzig Jahren hingelegt hat.

Sollte man also in Indien investieren und wie? Mit Sicherheit ist die Börse noch nicht so transparent, wie man das im Westen gewohnt ist. Es gibt aber jede Menge ETFs – nicht nur von den üblichen verdächtigen Indexanbietern, sondern etwa auch von renommierten Fondsgesellschaften.

Ich selbst bin seit einem dreiviertel Jahr in einen Indien-ETF mit einer kleinen Position investiert – auch weil ich eine persönliche Affinität zu diesem Land habe – und habe schon meine erste böse Überraschung hinter mir. Nämlich als im Februar diesen Jahres das Imperium von Modis Busenfreund Gautam Adani ins Wanken geriet, nachdem Ihn der US-Shortseller Hindenburg undurchsichtige Geldflüsse und Scheinfirmen in der Karibik vorwarf, die den Börsenkurs aufblähen würden. Das größte indische Unternehmen zog sogleich die indische Börse um bis zu zehn Prozent nach unten. Inzwischen ist es um den Skandal still geworden, die Adani-Group hat sich erholt. Ich bin mit dem ETF nur noch leicht im Minus.

Die Börse ist auch sehr finanzlastig – das ist allerdings auch der österreichische ATX. Auch die Sektoren IT, langlebiger Konsum und Energie spielen am indischen Kapitalmarkt eine größere Rolle. Investieren kann man dort gut über zwei Hände voll an ETFs. Die größten und liquidesten sind iShares MSCI India UCITS ETF USD (Acc) und Lyxor MSCI India UCITS ETF Acc (EUR). Gebührenmäßig deutlich günstiger, aber mit einem Fondsvolumen von 225 nicht so liquide ist der Franklin FTSE India UCITS ETF.

Bevor ihr investiert schaut Euch in jedem Fall die Werte in den drei großen Indizes MSCI India, FTSE India und Nifty genau an, ob die Euch behagen.

FAZIT: Indien ist ein spannendes Investment. Wenn ich aber über ein beschränktes Anlagevermögen verfüge, würde ich eher einen Emerging Market Fonds meinem globalen Portfolio beimischen, der das Verlustrisiko über mehrere asiatische Länder breiter streut. Aber das ist wie immer nur meine ganz persönliche Meinung für mich und meine ganz persönliche Risikofreudigkeit.

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